Trauergespräche können so wohltuend sein. Mit jemandem sprechen, Gedanken äußern, Bedenken benennen, alle Empfindungen herauslassen. Es kann sprudeln, hervorquellen, fließen, ohne Beschränkung. Es kann weh tun, schmerzen, bluten ohne Rücksicht.
Es kann sein.
Ich kann mich meinem Schmerz hingeben, die Wehmut genießen und die Erinnerung hochkommen lassen, damit sie mich trifft und auf den Boden zwingt. Jeder guten Erinnerung, allem Versäumten, jeder vertanen Chance gegenüber kann ich offen sein. Ich kann mich konfrontieren mit den Tatsachen, mit dem Tod, dem Unabänderlichen, der Situation, in der ich keine Bedingungen stellen kann und nur der Tod bestimmt. Dort, wo ich keine Wahl habe, nur annehmen kann, nur akzeptieren kann. Keine Rebellion, kein Aufbegehren, keine Gewalt, kein Zurückziehen: Nichts kann die Tatsache des Todes verändern.
Aber du, der du mir zuhörst, kannst für mich die Rettung sein.
Ich muss es aussprechen. Ich brauche ein Gegenüber, damit ich auf Resonanz stoße, nicht auf Ratschlag oder Meinung, einfach auf physische, neutrale Resonanz. Eine Resonanz der Nachvollziehbarkeit meiner Individualität, meiner Geschichte und meiner Trauer, die das Ergebnis meiner Biographie ist. Annahme!
Nicht Mutter, nicht Vater, kein bester Freund. Die neutrale Person mit dem richtigen Background und der passenden Chemie!
Meine Trauer gehört mir, sie entstammt meinem Lebenslauf mit allem, was dazu gehört. Ich kann sie teilen, besser mitteilen, aber nur in Bruchstücken nachvollziehbar machen. Jeder Punkt meiner eigenen Geschichte hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin, und fließt so in meine Trauer ein. Meine Trauer ist also Ausdruck meiner Persönlichkeit, meines Inneren, meiner Wirklichkeit?
In der Trauer benötige ich Profession:
Jemanden, der Verständnis hat, ohne mich verstehen zu müssen.
Der mitfühlen kann, aber kein Mitleid hat.
Der die Distanz hat, aber mir nahe ist,
der mir ein Licht ist, ohne mir seinen Weg zeigen zu wollen.
Der mich wiederfindet, wenn ich mich verloren habe.
Der still ist, wenn ich reden will.
Der optimistisch ist, der lacht, der fachlich und menschlich strahlt, der mich lässt, der mir Stütze sein kann auf meinem eigenen Weg der Lebensveränderung.
Und alles das, weil ich es so will.